Reife Leistung des Nachwuchses
17.11.2008
LandesJugendJazzOrchester war im KulturForum schnell auf Betriebstemperatur
Von Manuel Weber -
Kieler Nachrichten, 17.11.2008
Kiel – Es ist nicht ohne Ironie, den Abend im sehr gut besuchten KulturForum ausgerechnet mit "The Song Goes On Forever" beginnen zu lassen. Beschreibt diese Eigenkomposition von Jens Köhler doch ziemlich genau jenen Zustand, in dem sich der Komponist, Arrangeur und Big-Band-Leiter seit 1993 mit dem LandesJugendJazzOrchester Schleswig-Holstein befindet. Aus immer neuem Personal muss Köhler eine Einheit formen, seine Schützlinge zähmen, fordern, mahnen, disziplinieren. Haben die jungen Musikerinnen und Musiker die Songs drauf, kommen schön Neue, die ins Programm eingearbeitet werden. Manches Stück bleibt dann in dieser pädagogischen Schleife hängen.
Doch während sich andere Ensembles bei vergleichbarer SetlistBeharrlichkeiten zu Recht dem Vorwurf der Stagnation und Einfallslosigkeit ausgesetzt sähen, kann man das im Falle des LandesJugendJazzOrchesters, heute 19 Mann und eine Frau stark, fast schon als Qualität begreifen. Denn so ist es besonders den langjährigen Begleitern der Big Band möglich, die verschiedenen Orchesterbesetzungen miteinander zu vergleichen.
Wirkt die eingangs benannte Samba zu Beginn noch etwas kühl und hüftsteif, spielt sich das Ensemble schnell auf Betriebstemperatur. Gerade das erste Set sitzt wie ein Maßanzug. Das knackscharfe, pointierte und unter Einsatz eines E-Wind-Blaswandlers ausgesprochen fusionesk soundmodernisierte Slo-Funk von Bob Mintzer ebenso wie das mit großer Geste beschwingt und elegant hingegossene "Hanging Loose" von Toshiko Akiyoshi.
Die kleineren Patzer, die bis auf ein solistisches Abstimmungsproblem keine Schnitzer darstellen, hat sich das LandesJugendJazzOrchester für das zweite Set aufgespart. Auf dem Programm stehen vor allem Kompositionen von Charles Mingus, dessen Stilvielfalt wunderbar in den breit angelegten Ansatz von Swing über Samba bis Funk, Blues und Fusion passt. Ein Vorgriff auf den Themenschwerpunkt, dem sich Köhler und Orchester im kommenden Jahr widmen werden. Als „Sneak-Preview" angekündigt, wackeln manche Arrangements noch ein klein wenig, aber es hört sich doch schon sehr gut, bisweilen geradezu prächtig an. Höhepunkte wie das durch ein exzellentes Bass-Intro von Fabian Claußen auf den Weg gebrachte Haitiau Fight Song oder das pumpende Boogie Stop Shuffle machen Lust auf mehr und zeigen, dass die Nachwuchs-Kaderschmiede nach wie vor auf dem richtigen Weg ist. Ein Weg, der das LandesJugendJazzOrchester zu einem der stärksten auf nationaler und internationaler Ebene gemacht und damit maßgeblich zum guten Ruf der hiesigen Jung-Jazzer beigetragen hat.