Instrument des Jahres: Klarinette



Mit viel Spaß Ernst machen - Konzert-Tipp: Projekt „Paris mécanique" mit Sabine Meyer and friends

07.10.2008

Kieler Nachrichten, 07.10.2008

Kiel - Dass die Klarinette eine Verwandlungskünstlerin der besonderen Art ist, bedarf eigentlich keines eigenen Hinweises. Seit Mozarts Zeiten als „Sängerin" im Orchester und als Solo-Dame gefragt, glänzt sie seit langem auch als Jazz-Königin oder bei der Klezmer-Session. Mit dem Projekt Paris mécanique wird sie allerdings noch einmal auf ganz besondere Weise in Szene gesetzt: in der Kieler Petrus-Kirche am 4. November und in einer Besetzung, die sich mit dem großen Namen Sabine Meyer nicht zufrieden geben muss.
Was aber verbirgt sich hinter dem vom Verein der Musikfreunde in Zusammenarbeit mit dem Landesmusikrat SH initiierten Konzert, das ganz brave Bahnen eindeutig verlässt? Der Pariser Schriftsteller, Regisseur und Maler Jean Cocteau (1889-1963) hatte 1918 zu einer Erneuerung der französischen Musik aufgerufen, wandte sich gegen „Gefühlsduselei" und klangschwelgerische Wagnerismen. Stattdessen forderte er eine klare Zeichnung musikalischer Linien, Kunst „ohne Sauce". Eric Satie erhörte ihn ebenso wie die „Groupe des Six", in der die Komponisten Arthur Honigger, Darius Milhaud und Francis Poulenc die Bekanntesten geblieben sind. Später nahm Jean Francaix diesen
Geist auf, machte den Spaß zum ernsten Gegenstand der Musik. Sie alle schrieben eine neue, oft freche, immer klare Musik, die nicht auf Biegen und Brechen mit der Tonalität im Clinch lag, sondern das lebendige Brausen der „Roaring Twenties" spiegelte - Jazz und Tanzmusik inklusive. Munter vermischte man die Stile, imitierte Vogelstimmen oder setzte auch mal auf die musikalische Nachäffung von Maschinengeräuschen: „Musique mécanique" eben.
Der Klarinettist, Komponist und Grenzgänger Michael Riessler horchte besonders auf. Und er war Studienkollege von Sabine Meyer und Reiner Wehle in Hannover... Ein gemeinsames Projekt im Grenzbereich von Jazz und Klassik ging, den Dreien nicht aus dem Kopf. Die vorwitzige Vereinigung von Klarinetten und Drehorgel unter dem Titel Paris mécanique musste kommen: „Zwischen Salonmusik und Jazzbar - Jean Cocteau... und die Folgen". In der „ZEIT" war darüber zu lesen: „Es ist ein sinnliches Vergnügen, Riesslers Musik zuzuhören, und eine Crux, sie zu beschreiben." cst

Paris mécanique: Di., 4. November, 20 Uhr, Petrus-Kirche Kiel Wik (Weimarer Straße). Trio di Clarone (Sabine Meyer, Wolfgang Meyer, Reiner Wehle), Michael Riessler, Klarinette, Pierre Charial, Drehorgel, Reiner Wehle, Moderation. Karten. 0431 /149 0124 www.vdm-kiel.de

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Kieler Nachrichten vom 07.10.2008
Kieler Nachrichten vom 07.10.2008