Instrument des Jahres: Klarinette



Die schwarze Lady

06.01.2008

Schleswig-Holstein am Sonntag, 06.01.2008

Der Landesmusikrat Schleswig-Holstein hat diese Jahr zum Jahr der Klarinette ernannt. Eine Liebeserklärung an ein Instrument, das nur allzu oft unterschätzt wird.
                                                                                                                   Pinneberg - Sie wirkt schlank, geradezu elegant, mit ihrem schwarzen, ebenholzfarbenen Körper und dem zarten, detailfreudigen Kleid aus silbernen Klappen. Wenn sie erklingt, ist ihr Ton weich und strahlend, vollmundig, tief und dennoch leicht. Es ist, als würde sie mir jedem Atemzug, der ihrem Körper entweicht, jedem Ton, den sie zum Klingen bringt, die Seele streicheln. Die Rede ist von der Klarinette.
Vor allem aus der klassischen Musik ist die schlanke Lady der Blasinstrumente nicht mehr wegzudenken, doch auch im Jazz, ja bisweilen sogar in Rock und Pop bleibt sie nicht still. Wer dieses Instrument für einfach und - da vielleicht ein wenig altmodisch anmutend - überholt hält, irrt gewaltig.
Dabei geht die Klarinette mit ihren Spielern ausgesprochen liebevoll um. „Es gibt einige Instrumente, die weitaus schwieriger und frustrierender zu erlernen sind als die Klarinette", weiß Torsten Köhler vom Holzblasinstrumentenstudio ToKo. Dank spezieller Kinderklarinetten könnten Siebenjährige heute bereits mit dem Erlernen dieses Instrumentes beginnen. Der 31-Jährige ist seines Zeichens Holzblasinstrumentenmachermeister und hat in 170 Stunden Handarbeit eine Klarinette gefertigt. Sein Meisterstück. Torsten Köhler weiß also, wovon er spricht. Zumal der Pinneberger bereits als Kind dem Zauber der Klarinette verfiel und mit neun Jahren ihr Spiel erlernte. Vorher hatte er bereits Blockflöte gespielt, mit 17 kam das Saxophon hinzu.
Doch der Zauber der Klarinette, er hat Torsten Köhler nie mehr los gelassen. Worin der liege? „Nun", Köhler lehnt sich in seinem Stuhl zurück und streckt das linke Bein genüsslich von sich. „Ich mag einfach den Ton und die Art, ihn entstehen zu lassen. Das ist anders als bei einer Gitarre, wo man nur eine Seite zupft und die dann schwingt." Bei der Klarinette sei es der Atem, der durch den eigenen Körper strömt und der Ansatz. Die Art, wie das Mundstück mit den Lippen gepresst werde, mit wie viel Druck die Luft durch das Zwerchfell gelassen werde, die Art, wie die Lippen bewegt würden. „Damit kann ich so viel machen. So entscheide ich, ob der Ton weich und bluesig wird oder klar und klassisch, ich kann ihn verraucht erklingen lassen, schmutzig, klar, hell, dunkel - das geht alles über die Blastechnik. Der Spieler ist dann in direktem Kontakt mit seinem Instrument, das geht durch den eigenen Körper durch."
Es ist aber nicht nur der perfekte Ansatz und eine ausgefeilte Spieltechnik, die über den feinen, nuancenreichen Klang einer Klarinette entscheiden. Es ist auch die ausgefeilte Technik der Herstellung. Das fängt beim Holz an: „In der Regel wird Grenadill-Holz verwendet. Das kommt aus den Tropen, und ist von Natur aus fast schwarz", berichtet Köhler. Bevor es aber zur Klarinette; verarbeitet werden kann, muss das Holz 15 bis 20 Jahre lagern. „Erst dann ist alle Feuchtigkeit entwichen."
In Form von Kanteln kommt das Grenadill bei den Instrumentenmachern an. Diese drechseln es, bohren in mehreren Arbeitsschritten den Kern aus, setzen Vorbohrungen für die späteren Tonlöcher und die Halterungen der Klappen, schmirgeln, polieren, ölen. Anschließend werden insgesamt mehr als hundert Klappen, Säulchen, Federn, und Ringe aus Neusilber an dem
Holz angebracht. Zudem braucht es Kork für die Steckvorrichtungen - denn eine Klarinette besteht aus vier Teilen (Trichter, Unterstück, Oberstück und Birne) sowie einem Mundstück. Der Kork sorgt dafür, dass die einzelnen Stücke gut miteinander abschließen. Dann gibt es noch Pappe, Filz und Leder auf den Innenseiten der Klappen, um diese gut zu verschließen. Und wenn alles verschraubt und verklebt ist, wird wieder poliert, geölt und versilbert.
Perfekt ist der Klang dann aber noch nicht. Wichtig ist auch das Mundstück, bei dem es auf winzige Millimeter an der Öffnung an-kommt, auf die Dicke der Blättchen, die auf das Mundstück gebunden und anschließend durch das Blasen zum Schwingen gebracht werden, auf die Art, wie das Blättchen befestigt wird - ob mit einer Schnur, einer Metall-, Leder- oder Stoffklemme. Und, und, und ...
Nach 120 bis 170 Arbeitsstunden ist die Klarinette dann fertig. Schlank, geradezu elegant, mit ihrem schwarzen, ebenholzfarbenen Körper und dem zarten, detailfreudigen Kleid aus silbernen Klappen. Und wenn sie erklingt, ist es, als würde sie mit jedem Atemzug, der ihrem Körper entweicht, jedem Ton, den sie zum Klingen bringt, die Seele streicheln.
KATHRIN EMSE

 

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Schleswig-Holstein am Sonntag vom 06.01.2008
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