Die Frau mit dem außergewöhnlichen Ton

06.01.2008

Stars der Klassischen Musik sind nicht immer einer großen Öffentlichkeit bekannt. Die Lübecker Klarinettistin Sabine Meyer gehört zu diesen großen, stillen Stars. Ihre ungewöhnliche Karriere begann
mit Herbert von Karajan - und einem gewaltigen Eklat.

Lübeck - Sabine Meyer sorgte für einen Skandal, der monatelang die Presse beschäftigte und Persönlichkeiten wie Richard von Weizsäcker auf den Plan rief. Das war 1982. Die junge, hochbegabte Musikerin hatte nur die Sonnenseiten des Erfolges kennen gelernt. Als Ausnahmetalent auf der Klarinette war die damals 23-Jährige in der Welt der Klassik ein gefragter Name. Einer, um den sich selbst Herbert von Karajan bemühte. Der selbstbewusste Star-Dirigent und Chef der Berliner Philharmoniker ahnte wohl nicht, was er sich mit diesem Bemühen einbrockte. Doch der elegante Machos, für den Frauen „in die Küche und nicht ins Orchester" gehörten, war begeistert von dem Spiel der Sabine Meyer.
Eine Begeisterung, die den Skandal erzeugte, der nicht nur in den Feuilletons Diskussionen auslöste, sondern auch in den klassikfernen Boulevardblättern für Schlagzeilen sorgte. Karajan hatte die junge Klarinettistin als Solo-Instrumentalistin in sein Elite-Orchester geholt und damit gleich zwei schwere Fehler begannen: Ersten hatte er seine Musiker nicht gefragt, und zweitens wollten die Männer keine Frau in ihren erlauchten Kreisen und schon gar keine, mit der begehrten Funktion als Solistin. Was dann geschah, hatte nichts mit feinen Gentleman-Manieren zu tun, sondern mit den rigiden Methoden einer Herrenrunde, die ungestört weiter spielen wollte wie bisher.
Sabine Meyer wurde von den 120 Kollegen schikaniert und boykottiert. Nach eineinhalb Jahren war sie weich und schrieb, sie wolle darauf verzichten, über ihr Probejahr hinaus Mitglied des Berliner Philharmonischen Orchesters zu sein, weil sie nicht schuld sein wolle, dass die historisch einmalige Partnerschaft zwischen dem Orchester und Herbert von Karajan tief greifenden Schaden nehme. Den hätte wohl selbst Richard von Weizsäcker nicht abwenden können.
Von Weizsäcker war damals, 1984, Regierender Bürgermeister von Berlin und bemühte sich im „Fall Meyer" um Schlichtung. Vergeblich - die Herren hatten an dem Ton, den Frau Meyer blies, etwas auszusetzen, fanden ihn zu außergewöhnlich und deshalb nicht passend zumgesamten Orchesterklang.
„Die Idee ist lächerlich, dass ich so ganz anders blase", sagte die Musikerin damals.
Heute möchte Sabine Meyer am liebsten überhaupt nicht mehr über diese Geschichte sprechen. Muss sie auch nicht, hat die sympathische, mit ihren 48 Jahren immer noch sehr jugendlich wirkende Musikerin doch bisher eine weltweit einmalige Karriere als Klarinettistin erlebt. Sie, so heißt es, hätte der „Schwarzen Lady" wieder die Bedeutung als Soloinstrument zurückgegeben.
Aber nicht nur als international umworbene Solistin wird Sabine Meyer gefeiert -als Professorin an der Lübecker Musikhochschule wird ihre Arbeit von den Studenten geschätzt. Sie zählt nicht zu den Stars, die alle paar Wochen mal kurz reinschauen, sondern zu den Lehrern, die ihren Auftrag sehr ernst nehmen. „Gerade bei der Klarinette, die als Ausdrucksmittel der menschlichen Stimme sehr ähnelt, kann man gut vermitteln, was man selbst spürt", sagt Sabine Meyer. „Aber das braucht Zeit". Und die gibt sie ihren Meisterschülern. Wie sehr die Mutter von zwei Kindern, die in ihren knappen Freizeit Pferde züchtet und gern kocht, sich ihrem Instrument verpflichtet fühlt, zeigt auch ihre Bereitschaft die Schirmherrschaft für das „Jahr der Klarinette" zu übernehmen, das der Landmusikrat Schleswig-Holstein am 14.Januar bekannt geben will. Ein Jahr, in dem nicht nur ein faszinierendes Instrument im Mittelpunkt steht, auch eines, in dem Sabine Meyer und ihr außergewöhnliches Spiel an vielen Orten im Lande zu hören sein wird.
MICHAEL Stitz

Konzerte mit Sabine Meyer
- 20.Januar, Flensburg, mit dem ,Trio di Clarone" (ausverkauft!)
- 7 Mai, Hamburg, mit dem „Trio di Clarone
  Programm: "Paris mécanique"
- 9. Mai Lübeck 6. Lübecker Klarinettennacht

Mehr zu den Konzerten auf: www.emiclassics.de/sabine-meyer/termine

« zurück zu: Presseresonanz